Bundesarchiv, Bild 183-1989-1023-022 / Friedrich Gahlbeck / CC-BY-SA 3.0
Die Friedliche Revolution in der Deutschen Demokratischen Republik begann im Frühjahr 1989. Die Bürger*innen lehnten sich gegen die repressive Einparteienherrschaft der SED auf und brachten sie zu Fall. Die Protestbewegung des Herbstes begann in Sachsen. Sie führte zum Fall der Mauer am 9. November 1989, den ersten freien Wahlen am 18. März 1990 und anschließend zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Der Zusammenbruch der DDR kam zwar überraschend, stand aber am Ende einer längeren Entwicklung. Mitte der 1980er Jahre versuchte Michail Gorbatschow, die Sowjetunion zu reformieren. Er reagierte damit auf drängende politische und wirtschaftliche Probleme, leitete aber auch ungewollt einen Wandel in den anderen Ländern des Ostblocks ein. Diese erhielten nun mehr Freiraum in der Gestaltung der Innenpolitik – unabhängig von den Vorstellungen der Sowjetunion. Vor allem Polen und Ungarn begannen Reformen durchzusetzen. In Polen gab es im Sommer erste halbfreie Wahlen und Ungarn öffnete seine Grenzen in Richtung Westen. Das SED- Regime hingegen wollte sich nicht der neuen Politik anpassen. Die Bürger*innen der DDR wurden immer unzufriedener. Hinzukamen ökonomische Schwierigkeiten, die insbesondere im Vergleich zur Bundesrepublik deutlich wurden. Immer mehr Ostdeutsche forderten somit Reformen vom SED-Regime und die Etablierung und Einhaltung von Grundrechten wie der Meinungs-, Versammlungs-, Presse- und Reisefreiheit. Im Mai 1989 konnten die Oppositionsbewegungen beweisen, dass die Kommunalwahlen von der SED systematisch gefälscht worden waren. Die Unzufriedenheit der Bürger*innen wuchs noch stärker und äußerte sich in einer steigenden Zahl an Ausreiseanträgen, zunehmenden Fluchtbewegungen aus der DDR sowie friedlichen Protesten.
Die Stadt Leipzig nahm eine entscheidende Rolle in den Protestbewegungen ein. Am 4. September 1989 begann hier nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche die die erste Montagsdemonstration. Am 9. Oktober fand die erste Demonstration ohne Polizeigewalt statt, die den entscheidenden Stein ins Rollen brachte und das Ende der DDR einleitete. Über kurze Zeit wuchs die Anzahl der Protestierenden auf bis zu 500.000 Menschen.
Da die SED-Diktatur aufgrund des Ausmaßes keinen anderen Ausweg sah, kündigte sie politische Veränderungen an.
Die Friedliche Revolution gilt als historisch einzigartig, da ein gewaltfreier Protest der Bürger*innen zum Sturz des repressiven Systems führte.
Orte der Friedlichen Revolution
Wir heben gerne zentrale Daten und Ereignisse hervor – wie zum Beispiel die Montagsdemonstrationen in Leipzig oder den Fall der Berliner Mauer. Doch waren es wirklich nur Leipzig und Berlin, wo alles Entscheidende passierte? Was ist mit Städten wie Plauen, Chemnitz, Torgau, Oschatz, Bautzen, Herrenhut oder Dresden? Stürmten am 9. November nur die Menschen in Berlin an die Grenzanlagen oder auch im vogtländischen Auerbach? Wie erlebten die Bewohner*innen der DDR die turbulente Zeit der Jahre 1989 und 1990? Und wie denken sie heute darüber?
Wie zu sehen ist, sind noch viele Fragen offen. Im Folgenden präsentieren wir eine kleine, aber lange nicht vollständige Übersicht über bekannte Proteste in Sachsen.
Dresden: Am 1. und 4. Oktober 1989 fuhren Sonderzüge durch die Stadt, die DDR-Flüchtlinge aus Prag in die Bundesrepublik brachten. Besonders am 4. Oktober kam es zu sehr gewalttätigen Kämpfen zwischen Demonstrierenden und der Polizei. Am 8. Oktober gründete sich während einer Demonstration spontan die „Gruppe der 20“. Diese beginnen einen friedlichen Dialog zwischen der Stadt und den Bürger*innen.
Plauen: Am 7. Oktober 1989 kamen in der Plauener Innenstadt ca. 15.000 Menschen zu einer Demonstration für Meinungsfreiheit, Demonstrationsrecht, Streikrecht, Zulassung von Oppositionsgruppen, freie Wahlen und Reisefreiheit zusammen. Hierzu hatte ein Flugblatt aufgerufen. Obwohl die Polizei Gewalt einsetzte, konnte sie die Demonstration nicht stoppen. Es waren zu viele Menschen. Bereits am 12. Oktober kam ähnlich wie in Dresden eine „Gruppe der 20“ zusammen.
Torgau: Für den 8. Oktober 1989 luden Pfaffer Christian Sachse und Jugendwart Matthias Grimm in den Jugendwerkhof ein. Ca. 160 Personen folgten dem Ruf. Hier gründeten sie das Torgauer Bürgerforum. Auch wenn die Veranstaltung an diesem Abend von der Polizei aufgelöst wurde, kamen von nun an jeden Sonntagabend bis zu 2.000 Menschen zusammen und übten sich in freier Rede und Dialog. Hiermit wurde Torgau zum Vorreiter ähnlicher Entwicklungen in ganz Sachsen.
Bautzen: Auf der Montagsdemonstration am 13. November 1989 forderten die Menschen Aufklärung über die Geschehnisse in dem Gefängnis Bautzen I. Hier wurden unter schlechten Bedingungen immer mehr Menschen auch aus politischen Gründen eingesperrt. In Bautzen II, einem geheimen Hochsicherheitsgefängnis vor allem für Regimekritiker, Spione und prominente Häftlinge protestierten die Gefangenen zusammen mit den bautzener Bürger*innen friedlich für ihre Freilassung. Am 22. Dezember des Jahres kamen alle Häftlinge der Anstalt frei.
Aber wie sah es in Eurem Ort aus?
Wir freuen uns darauf, dies mit euch gemeinsam zu erkunden!